Montag, 10. Jun 2024, 22:07 Uhr
Drei Kurse Hafenmanöver- und Schiffsführungstraining für Skipperinnen und Skipper – April/Mai 2024 - ein eindrucksvoller Bericht von Reinhard Kindla
Eine Herausforderung! Ja wirklich, es war für alle herausfordernd, für die Skipper und Skipperinnen wie auch für mich. Wie pflegt Bärbel doch immer ihre Segelkameraden zu warnen: „Passt auf, was ihr als Übung oder Manöver vorschlagt: Der Reinhard kann immer noch einen drauf setzen. Ich kenne das noch gut vom letzten Jahr, am Ende der 3 Tage sind wir platt und urlaubsreif.“ Der Leiter einer Segelschule in Hamburg-Finkenwerder konstatiert Stresszustände bei etwa 90 % der Schiffsführer in Hafennähe. (Frauen werden in Hafennähe „sowieso“ nur äußerst selten mit Schiffsführung betraut... Dazu mehr in der Ausbildungseinheit „Psychologie an Bord“ in www.tinyurl.com/segelnausbildung ==> Seekurs) Nur bei 10 % geht der Puls nicht „auf 180“.
Dann werden wir alle in den drei Tagen mal so trainieren, dass die Skipper und Skipperinnen unseres Vereins zu den 10 % gehören, die bei Hafenmanövern eben keinen Bluthochdruck bekommen!
Und nun sitze und stehe ich in der Nähe des Heckkorbes und lasse die Crew mal machen, solange alles noch im Grünen Bereich ist – ok, auch noch im Gelben Bereich, denn die Crew will ja lernen und sehen, wie sich eine Entscheidung auswirkt. Und Stressmomente sind eingeplant, damit alle nach dem Training der Meinung sind: „Egal, was jetzt noch da- zwischenkommt, das krieg ich auch noch hin, und mein Puls bleibt ganz ruhig.“ Was meine Stressmomente angeht: Für ein „Manöver des letzten Augenblicks“ muss ich halt sehr wachsam sein – die ganze Zeit – und im Geist immer einen Schritt voraus sein: Klappt es oder klappt es nicht? Ich kann jedoch feststellen: Es waren drei hochmotivierte und sehr umsichtige Crews! Das Training mit euch allen hat mir sehr viel Spaß gemacht – danke für euer Engagement! Intensive Arbeit, volle Konzentration (besonders beim ersten Manöver) und eine Reihe von Stressmomenten schrecken nicht ab: Die ersten Meldungen für ein Training im nächsten Jahr liegen mir schon vor.
Die erste Crew besteht aus zwei Skippern und einer Skipperin. Die zweite, eine Männer-Crew, ist leider von einem Arzt dezimiert worden, denn er schickte sehr kurzfristig einen Teilnehmer zur Bettruhe. Damit durften die beiden verbliebenen Skipper eben alles zu Zweit erledigen, was einem Einhand-Manöver schon recht nahe kommt. Und die dritte Crew ist eine reine Skipperinnen-Crew, aber keine „ast-“reine, denn ich bin ja auch an Bord. Aber was macht das schon, um mich dreht es sich doch auch gar nicht! Ich werde in all den Tagen vielleicht 2 Minuten, na gut: 3 Minuten, am Ruder stehen, und Skipper-Of-The-Day darf ich schon mal gar nicht sein...
Leider musste wegen eines Unfalls vor ein paar Wochen ein Wechsel in der Frauen-Crew stattfinden. Die beiden verbliebenen Skipperinnen Bärbel und Kerstin kennen sich schon seit den Trainingseinheiten im letzten Sommer, und Elke, frisch ausgestattet mit dem SBF- See, will gleich mal „in die Vollen gehen“. Warum die Teilnehmerinnen ausdrücklich eine reine Frauencrew für MOB (=ManövertrainingOhneBesserwisser) wünschen, das habe ich schon im Bericht über das Training im letzten Jahr beschrieben: https://skbue.de/sites/default/files/2023%20Op%20Joeck%20Skipperinnentraining%20August.pdf
Ich werde nicht (streng) chronologisch berichten, sondern unser Training in Themenbereiche zusammenlegen. Jede Crew hat (fast) alle dieser Themen bearbeitet, mit unterschiedlicher Intensität, je nach Vorkenntnissen und Bedürfnissen.
Erster Tag (24.4.2024) - Nachttemperatur: 3° C – Tageshöchsttemperatur: 7° C -Und das Ende April... - Und morgen? 12° C - hurra! – morgens 4° C und mittags 8° C... -Es kann schlimmer kommen – und es kam schlimmer, Murphy's Gesetz: auch noch Regen dazu.
Etwas Physik für Leinenführung und Ruderwirkung (aber nur etwas ...)
Dieselheizung an, Kaffeetassen und Modellschiffchen mit Box und diversen „Festmachern“ auf den Salontisch – dann geht es eben mit ausführlicher Theorie und Leinenführung mit Hebelgesetzen los: Welche Leine bewirkt an welcher Stelle welche Bewegung des Schiffes? Wie viele Leinen werden für welches Manöver benötigt? Wieso funktioniert eine Leinenführung bei Vorwärtsfahrt perfekt, jedoch bei Rückwärtsfahrt überhaupt nicht? Und wenn der Wind jetzt von der anderen Seite kommt? Und worin besteht der Unterschied, ob man vorwärts oder rückwärts in einen Hafen oder Boxengasse fährt? Die erste Rolle mit Keksen ist gleich verputzt.
Leinenarbeit
Der Regen zieht ab, und wir üben Leinenwürfe auf mehrere Meter auch gegen den Wind: Mehrere Schlingen (ja, ich weiß: „Buchten“ heißt das) in beide Hände und diese mit kräftigem „Fischernetzwurf“ – schwungvoll die Hände vor und auseinander – über den Poller oder Dalben werfen. Tilo ist frustriert: Die Leine landet vor dem Poller im Wasser, dann neben dem Poller – hat Wirkung! versuche ich seine Zweifel zu zerstreuen. (Weil die durch den Befehl in Sekundenbruchteilen im Kopf vorweg genommene Bewegung eine effektivere Schwungbewegung zur Folge hat.) Er zuckt mit der Schulter, ruft der Leine zögerlich den Befehl zu – „Lauter!“ fordere ich. Und siehe da: Es klappt! Tilo und die Crew sind verblüfft. Jetzt zucke ich mit der Schulter. Und wenn der Abstand immer noch zu groß ist, dann klappt es mit dem Befehl auch nicht immer, dann basteln wir uns zwischen den beiden Haufen von Schlingen durch Zusammenlegen und Verschlingen mit sich selbst ein Gewicht, das besser gegen den Wind fliegt und sich anschließend mit einem kleinen Ruck aufziehen lässt. Die Klampen auf dem Steg sind „Mist“! Immer muss jemand von Bord, die ganze Leine durch den Bügel fädeln und erst dann zurück an Bord werfen und dort befestigen! Für Ein- Hand-Manöver eine deutliche Schwierigkeit! Aber warten wir mal ab!
Das muss auch schneller gehen: „Piratenknoten“ nenne ich ihn – schwupp-schwupp (kleine Bucht durch den Bügel, Schlinge der festen Leine durch diese Bucht und eine kleine Schlinge der losen Leine dadurch) ist er dran, ein Ruck an der freien Leine, und der Schleif-Knoten ist wieder frei. Wenn die Leine also erst einmal „schwupp-schwupp“ gemacht hat, ist das Schiff fixiert. Anschließend kann die ganze Leine in Ruhe durchgezogen werden. „Nicht so schnell! Das will ich genauer sehen!“ Jeder und jede will ran. „Stell dir mal vor: Du fährst mit dem Schiff gerade in eine Schleuse und hast dich darauf vorbereitet, an Steuerbord anzulegen.“ Kerstin, Elke und Bärbel stehen neben mir in Höhe der Mittelklampe und nicken. „Jetzt kommt die Durchsage: 'Eingefahrene Segelyacht an der anderen Seite festmachen, der Platz wird für das folgende Schiff benötigt!' – Jetzt aber zack-zack!“ erzeuge ich Druck. Elke springt zur befestigten Leine an der Mittelklampe, „pfriemelt“ den Palstek frei und zieht ihn auf der anderen Seite durch die Mittelklampe. Und dies dauert und dauert … Und die Yacht hat Seitenwind... und kaum noch Fahrt... Also das mit den Knoten muss schneller gehen! Für „schnell drauf und schnell ab“ schlage ich 0-X-0 vor: einmal rund, zwei mal kreuzen, einmal rund. Nur für dauerhaftes Festliegen reicht das nicht, dafür gibt es das allen bekannte 0-8-8 mit Kopfschlag. Aufnehmen von Leinen, die zu Verdrehungen (u.a. Landstromkabel) neigen: nicht in großen Buchten aufnehmen, sondern bei jeder Schlinge „auf demselben Weg zurück“ über die Hand. Alle 8 Crewmitglieder werfen und knoten und sind sehr zufrieden mit ihren Erfolgen. Vor der Pause messen Tilo, Thorsten und Susanne alle Leinen aus und beschriften entspre- chend die Leinenenden, damit wir für unsere Manöver schnell die Leinen mit den passenden Längen finden.
Motorkunde
Ich stehe gemütlich im Niedergang und schaue dem Treiben zu, Elke startet den Motor. Ihr SBF-See ist noch „druckfrisch“, also: Leinen im Wasser? – nein! Neutralstellung? – ja! Wasseraustritt nach Start? – nein! Oh! Elke schaut zu Bärbel und Kerstin, ich verfolge die Szene vom Niedergang aus. „Oh! Und nun?!?“ „Erst einmal Motor aus!“ fordert Kerstin, und Elke drückt den Stopp-Knopf. „Der wird doch wohl nicht...“ lässt sich Bärbel vernehmen und sucht mich mit ihrem anklagenden Blick. Ich schaue mal wieder ganz unschuldig drein. „Lass uns mal runter!“ fordert sie mich mit einer resoluten Handbewegung auf. „Immer noch einen ...“ Den Rest vermurmelt sie. Niedergangstür auf – ein paar suchende Blicke – „Ach, da ist doch das Seeventil für die Motorkühlung... Zu!!“ Kerstins und Bärbels vorwurfsvoller Blick zu mir spricht Bände, zack und der Hebel ist um- gelegt. „Schade!“ bedauere ich. „Hat nicht geklappt, euch reinzulegen.“ „Das kannst du ja mal mit anderen probieren...“ (Ich bin überzeugt, mir wird schon noch was einfallen.) Wir verstehen uns jedenfalls prächtig! „Und dass das Ventil geschlossen ist? Das sieht man...“ – „...weil es im Ventilkopf quer zur Leitung steht.“ Ich muss gar nichts vermelden: Kerstin kommt in Fahrt und erläutert noch dies und das im Motorraum, bereitet sie sich doch zur Zeit auf ihre SSS-Prüfung vor. „Impeller! Das muss ich noch wissen, wo der sitzt und wie der inspiziert wird.“ Kerstin erläutert die Funktion des Kühlsystems, während ich Werkzeug hole. Elke ist tatendurstig und macht sich sofort an die Arbeit. Die fünfte Schraube löst sich sich etwas, und Wasser läuft und läuft und läuft...„Woher kommt denn das ganze Wasser?!“ – Hypothesen: Schläuche? Wassertauscher?
Und das Wasser läuft. Elke drückt den Deckel mit der Hand zu und lässt nur dosiert Wasser raus; die Motorbilge füllt sich und wird derweil mit einer Pütz geleert. „Wenn ihr das ganze Hafenbecken jetzt ausschüppen wollt, dann das Wasser nicht ins Waschbecken leeren, das wäre kontraproduktiv!“ schlage ich vor und ernte missfallende Blicke. „Das Seeventil!“ Bärbel und Kerstin rufen es gleichzeitig. „Klar doch! Das muss geschlossen sein, sonst läuft immer neues Wasser nach!“ Ich bin zufrieden mit der Crew und auch mit mir: Dann hat es eben jetzt geklappt, das mit dem Reinlegen... Es folgt Impellerkunde: Wie raus? Wie rein? Wann defekt? Wo ist Ersatz? Der Ersatz ist unauffindbar; offensichtlich ist nach dem letzten Wechsel im Winter kein neuer gekauft worden.
Übungsmanöver 'Wasser in Motorbilge'!
Nebenbei: Ich kündige sämtliche Manöver mit diesem Stichwort an – warum? Einfacher Grund: Die Schlüsselwörter aus den Notrollen, die bei der Sicherheitseinweisung besprochen und verteilt werden, sind eben für genau diese Notfälle reserviert. Für alles Andere gibt es andere Ausdrücke, damit nie ein Missverständnis auftritt. Dieses Wasser ist ein Thema für alle drei Crews, denn wir finden tatsächlich die Quelle nicht. Es ist nicht viel, nicht immer gleich viel, also wird beobachtet, Papier ausgelegt (trocken – nass?), Hypothesen aufgestellt, diese getestet, neu überlegt... Da muss man doch auch mal die allerhinterste Klappe im Schiff öffnen und sich da mal umsehen! Leider alles trocken. Was heißt „leider“?! Also: Leider ist die Ursache hier eben nicht. Es scheint, dass die Dauer des Motoreinsatzes etwas damit zu tun hat. Das verleitet mich doch bei allen Crews zu einem … … „Übungsmanöver Motorausfall!" Nun denn, ich lasse "Murphy" wieder zuschlagen: "Übungsmanöver Motorschaden!" rufe ich an der Abzweigung nach Hindeloopen! Nun, denn... Großsegel setzen und bergen ohne Motor ist ja kein Problem mehr und nur mit Vorsegel im Kanal auch nicht, aber die Geschwindigkeit... 4 kn Fahrt – die Vorsegelgröße gleicht sich der eines Badehandtuchs an, trotzdem über 3 kn. Zum Senken von Bluthochdruck und Puls und als "Plan B" ist der "defekte" Motor im Stand-by. Nach einem engen Vollkreis ist der Rest der Genua weg, und die Geschwindigkeit passt. Ran an den Meldesteiger, Manöverleine im Kräftedreieck über den ersten Poller, dosiert abbremsen – und das Schiff steht. Ein perfekter Wurf, und auch die Vorleine ist fest. Die Anspannung fällt schlagartig ab, die Akteure umarmen sich. Knifflige Manöver müssen ja nicht die Regel sein, aber als vertraute "Plan-B-Manöver" taugen sie sehr gut dafür, dass für die teilnehmenden Skipperinnen und Skipper ein Hafen nicht mehr zu den Stressfaktoren zählt.
Übungsmanöver: Feuer im Motorraum!
Wo die Feuerlöscher platziert sind, weiß die Crew durch die Sicherheitseinweisung. Also kurzer Spurt nach oben zur Backskiste, um den Feuerlöscher aus der Halterung zu wuchten. Warum eigentlich ist dieser Feuerlöscher nicht in der Nähe des Motorraums platziert?! Schlauch des Löschers durch das Loch in der Treppe geführt … Oh! Geht nicht: Der Sprühknopf ist viel zu dick! Also müsste im Fall des Falles die Treppe angehoben werden. Das wird aber eine „schöne“ Verpuffung zur Folge haben! Also vorsichtig hinter der Ecke zur Kabine versteckt die Treppe anheben und von der anderen Seite „Volles Rohr“! Nach diesen oder ähnlichen Übungen (mit und ohne Motor) Ablegen mit außen liegender Achterleine und einhand Einfahren in unsere Box J59 bei Windstärke 4-5 – jeder von den drei Crews will das schaffen – und schafft es! Wie das geht? Kommt noch...
Übungsmanöver Anlegen
Wir haben mit unserer Op Joeck ja ein Segelschiff, und das will gesegelt werden. Hoch am Wind birgt die Crew das Groß, die Fock wird es schon alleine schaffen, uns zur Marina zu bringen. Ist das eine „himmlische Ruhe“, wenn wir so nur mit Genua den Kanal entlang gleiten! Nur der Herzschlag der Crew ist zu vernehmen... Ob das, was wir da abgesprochen haben, auch so klappt? Und das nur mit zwei Personen? Ich halte mich da ja raus... Nach der Hafenzufahrt wird auch das Vorsegel geborgen und unsere Op Joeck gleitet langsam auf die Box J59 zu. Wir wollen rückwärts rein, ist doch klar! Die außen liegende Achterleine (jetzt auf Backbord, da die Box „rechts“ liegt) außen um das ganze Heck rum und über den ersten Dalben, die Manöverleine an der Steuerbord-Mittelklampe bremst die Yacht am zweiten Dalben ab, die Steuerbord-Achterleine ebenso darüber und dicht gespannt. Die Winsch spannt die außen liegende Leine und dreht das Schiff um den zweiten Dalben in Richtung Box. Wir nehmen, was wir kriegen können, nämlich die Sorgleine zwischen den beiden Boxen, sichern das Schiff mit zwei Karabinern daran und hangeln
uns kräftig ziehend vorwärts bis zum Steg. Plattform runter, übersteigen und mit Achterleinen sichern – fertig! Genau so hat die 2er-Crew (!) die Op Joeck rückwärts in unsere Box manövriert - ohne Motor, der ist ja "ausgefallen"! Die Crew ist "stolz wie Oskar" – und dazu hat sie auch allen Grund! Die Messlatte für folgende Crews liegt nun sehr hoch! Und ob das anstrengend war? Ihr könnt sie ja mal fragen: Klaus-Peter und Thorsten - Gut, so geht es rein – und unter Segeln raus? Geht auch! Warum wir das üben, wenn die Windrichtung nicht gar zu schlecht ist? Wer die Yacht auch unter widrigen Bedingungen beherrscht, weil sie oder er „im Blut“ hat, wie sich das Schiff bewegt, dessen Blutdruck bleibt auch dann im Normbereich, wenn wirklich mal etwas unvorhergesehen eintritt.
Übungsmanöver Ablegen
Die Op Joeck hängt an den beiden Luvleinen; so weit so gut. Die Genua würde sie leicht aus der Box ziehen, wenn mit etwas Handarbeit mit den Leinen nachgeholfen wird. Aber die Boxengasse dahinter ist etwas schmal für die Kurve, die Wassertiefe nimmt ab und am Eingang zum Hafen steht eine einfache Spundwand, die umfahren werden muss. Das Schiff muss sich also möglichst nahe an den Dalben drehen und Fahrt aufnehmen. An der Mittelklampe befestigt Thorsten eine Leine auf Slip und wirft sie schon mal gekonnt vom Vorschiff über den Dalben, damit er die Hände frei hat, um das Schiff bei der Ausfahrt aus der Box zu unterstützen. Klaus-Peter holt die Genua etwas dicht und fiert die Achterleine. Die Yacht gleitet mit Unterstützung von Thorsten langsam durch die Dalben; als das Heck frei wird, wird die übergeworfene Leine dosiert dicht gesetzt, so dass sich das Schiff mit Ruderlage um diesen Dalben dreht – und fertig! Nein, nicht Thorsten und Klaus-Peter sind fertig, sondern das Manöver. Ist das eine himmlische Ruhe, wenn die Yacht nur mit dem Vorsegel durch den Kanal gleitet!
Wer dieses Ablegemanöver einhand fahren will, braucht eine Leine an Luv mit mehr als der doppelten Länge der Box. „Ich hole eben noch eine Fangleine, denn du musst die Manöverleine nach dem Loswerfen ja wieder einholen können, wenn du alleine bist.“ Fangleine zieht Manöverleine ein. Der Karabiner an der Fangleine wird in die Manöverleine eingeklinkt, die Fangleine in der Nähe der Mittelklampe nach innen zum Ruderstand zurück geführt – fertig, es kann los gehen! Schub voraus mit belegter Luv-Achterleine und angepasster Ruderlage stabilisiert das Schiff, die anderen Leinen werden von der Rudergängerin eingeholt. Die Manöverleine an Luv wird langsam gefiert, und das Schiff bewegt sich zwischen den Dalben durch bis zum Heck, wo die Leine sofort über die Klampe fest gesetzt wird. Und – siehe da! - die Yacht dreht sich bei Ruderlage nach Luv wie gewünscht mit ganz geringem Abstand um den Pfahl, bis sie die korrekte Richtung einnimmt und diese Manöverleine wieder gelöst werden kann; sie wird dann mit der Fangleine eingeholt, damit sie nicht in die Schraube gerät. Anerkennender Beifall und Staunen, wie einfach man es sich machen kann.
Wenn der Druck durch den Seitenwind so stark wird, dass die Motorkraft nicht ausreicht, um das Schiff gegen den Winddruck zu halten (etwa 20 kn), dann muss die Manöverleine an der Mittelklampe befestigt werden; dort ist der Hebelarm etwas länger, aber die Leine muss auch länger sein (doppelte Boxenlänge und zusätzlich Schiffslänge). Auflandiger Wind und kein Manövrierraum – am Ende einer Boxengasse. Was macht man eigentlich bei auflandigem Wind, wenn das Schiff weder vorne noch hinten Manövrierraum hat? Dicht hinter uns liegt die Oeding, vorne lasse ich auch ein Schiff liegen. Lehrbuchmanöver „Eindampfen in die Vorspring“? Beim folgenden Rückwärtsschub würden wir der Oeding bedenklich nahe kommen, Wind zu stark oder „blöder“ Radeffekt. Bis das Schiff in Rückwärtsfahrt Ruderdruck bekommt – wir wollen es nicht riskieren! „Eindampfen in die Achterspring“: Auch bei diesem Manöver muss der Schub umgeschaltet werden. Durch das Schraubenwasser beim Vorwärtsschub kann unverzüglich das Schiff gesteuert werden, aber ob der Platz reicht? Klaus-Peter und Thorsten bereiten das Manöver mit außen liegender Achterleine vor: Lange Leine von der außen liegenden (seewärtigen) Mittelklampe zu einem entfernten Poller, dann zur außen liegenden Achterklampe - Dicke Berta neben dem Heck am Steg, Hartruderlage zum Steg (um Druck auf den Fender zu reduzieren) und mit kräftigem Schub dreht sich der Bug immer weiter weg, der Druck auf den Fender lässt nach, Ruder entsprechend über geradeaus zur anderen Seite – und schon kann die Leine gelöst und Fahrt aufgenommen werden. Ich sitze nur da und beobachte, dass Klaus-Peter und Thorsten sehr mit sich zufrieden sind. Und Susanne, Thorsten, Tilo, Bärbel, Elke, Kerstin auch, denn dieses sehr effektive Manöver sollen alle beherrschen.
Drei Anmerkungen:
Das Manöver funktioniert auch mit Leine „Achterklampe-Poller-Achterklampe“ - (statt Mittelklampe), wenn der auflandige Wind nicht zu stark und die Motorkraft ausreicht.
Wenn es gelingt, dafür zu sorgen, dass das Leinenstück Mittelklampe-Poller nicht an der Bordwand anliegt, haben wir schon zum Anfang einen besseren Hebel und benötigen weniger Motorkraft.
Alle Ablegemanöver erfolgen (zu Beginn) mit Ruderlage zum Steg! Also gar nicht überlegen: Immer Ruder zum Steg hin!
Warum ich ein Schiff im Hafen am liebsten rückwärts manövriere, habe ich in www.tinyurl.com/segelnausbildung ==> Seekurs ==> Hafenmanöver begründet. Kuchenbude abmontiert – dieses Jahr, ohne dass ein Bügel „baden“ geht und ich zum siebenten Mal in meinen Neopren schlüpfe. Die Skipperinnen führen an vorbereiteten Leinen das Schiff sicher aus der Box, bauen gleich ein entsprechendes Kräftedreieck Mittelklampe–Dalben–Bugklampe auf und geben kräftig Rückwärtsschub. Und?! Na klar! Physik bleibt Physik und gegen deren Gesetze kann man „argumentieren“, aber es macht keinen Sinn: Das Schiff dreht sich wie vorhergesagt in die Windrichtung, es lässt sich einfach nicht auf Position halten. Und warum ist es so? Das würde jetzt etwas zu weit führen; wer will, kann die Erläuterung in www.tinyurl.com/segelnausbildung ==> Seekurs ==> Hafenmanöver studieren. Dass es im Video (scheinbar) funktionierte, liegt am sehr geringen Wind und der Unterstützung durch den Radeffekt, nicht jedoch an der behaupteten Wirkung des Kräftedreiecks. Wieder ein Erfolgserlebnis für die Skipperinnen-Crew! Geklärt ist aber jetzt noch nicht: Wie kommt man denn nun ohne dieses unwirksame Kräftedreieck rückwärts in die Box? Wer den Bericht über das Training der Skipperinnen im August 2023 gelesen hat, der weiß es schon, wie das Manöver aufgebaut und durchgeführt wird, denn ich habe es dort aus- führlich beschrieben: Rückwärtsfahrt gegen den Wind (na klar doch, wie immer!) mit Anlehnen an Lee- dann an Luvdalben (in dieser Reihenfolge!), Eindampfen in die zwei über- gelegten Achtersprings – ein Einhand-Manöver. Und das „muss“ natürlich auch gleich von allen ausprobiert werden. Und nicht nur ausprobiert, sondern: erfolgreich ausprobiert! Einhand und das auch bei recht flottem Seitenwind – der „Angstmacher Nr. 1“ für viele Skipper... Ich nenne dies: „Manöver mit dynamischer Sorgleine“ (im Gegensatz zu den „statischen“ Sorgleinen, die fest zwischen den Boxen montiert sind). Bärbel findet: „Es muss doch bei moderaten Winden möglich sein, ohne die beiden Achter- springs in die Box zu kommen, also gleich durchfahren zum Steg. Ich will das jetzt üben!“ Ok, das ist eine klare Ansage an mich. „Dann schlage ich vor, dass...“ – „Nein!! Nicht schon wieder einen drauf setzen! Ich ahne es.“ wehrt Bärbel ab. „Keine Panik, ihr schafft das schon. Ich kenne euch.“ beruhige ich. „Ich wollte nur sagen, dass wir dies heute prima einhand üben können.“ „Das geht doch gar nicht einhand, weil auf dem Steg doch keine Poller sind!! Da muss doch einer übersteigen!“ – „Muss das sein?!“ Auch Kerstin und Elke sind nicht gerade begeistert. „Nein, 'muss' nicht, aber wird gut klappen. Und was ihr alleine hinbekommt, klappt auch mit mehreren.“ „Du bist aber doch...“ – „...ja, ich bin neben euch beim Steuerstand.“ Auch dieser klaren Ansage kann ich mich nicht widersetzen. Das Erfolgserlebnis wollen sich jetzt doch alle erarbeiten. Manöverbeschreibung (hier erst einmal für die völlig unpraktischen Bügelklampen in der Marina Workum):
'Wie immer' rückwärts gegen den Wind im Abstand einer Schiffslänge, zügig fahren mit Blick nach hinten – wenn Mitte der Nachbarbox in Höhe Ruderstand, einschwenken und dabei den inneren (in Fahrtrichtung ersten) Dalben so anpeilen, dass das Heck knapp daran vorbei schwenkt; Geschwindigkeit beibehalten, damit das Schiff nicht gegen den Dalben getrieben und der Bug durch die Fliehkraft beim Eindrehen in die Box schneller einschwenken wird – erst, wenn das Heck zwischen den Dalben durch ist, Schub auf Null – am Steg mit kräftigem Gegenschub die Geschwindigkeit auf Null bringen – mit kräftigem Schub das Heck, geschützt mit zwei „Dicken Bertas“ an den Steg andrücken und beide Leinen auf den Steg werfen – übersteigen und die Luv-Achterleine schnell mit dem „Pira- tenknoten“ an der Bügelklampe dicht geholt fixieren – eindampfen und damit das Schiff stabilisieren – der Rest: Kleinigkeiten. Und wenn Poller auf dem Steg sind, dann eben einfach Luv-Achterleine über den Poller werfen (haben wir ja ausreichend geübt), dicht holen und eindampfen – der Rest: Kleinigkeiten. Und ja: Ich stehe als „Blutdruck senkende Medizin“ neben dem Steuerstand. Ein „Plan B“ existiert auch: eine Sorgleine zur Nachbarbox, und zur anderen Seite ist „freier Seeraum“. Und siehe da: Klappt doch! Gratulation! Wozu brauchen wir ein Bugstrahlruder? Und solo ablegen mit langer Achterleine und Fangleine: Geübt ist eben geübt! Und der Nächste oder die Nächste will es wissen...
Skippertraining nur im Hafen? Nein! Wir wollen auch auf See mit dem Schlimmsten zurecht kommen:
MOB-Manöver mit Rettungspuppe
Heute ist wieder mal OSCARs großer Badetag. Nein, heute ist kein Samstag: OSCAR geht jeden Tag baden. Er ist ja so was von geduldig und erträgt klaglos, dass er wieder und wieder über Bord geworfen wird. Der „OSCAR“ – wer „er“? OSCAR ist unsere Rettungspuppe, die uns freundlicherweise von der Wasserwacht an unserem Elfrather See zur Verfügung gestellt worden ist. Und diese Puppe nenne ich OS- CAR, weil das Flaggensignal „O“ wie „OSCAR“ (Rot-Gelb diagonal) das Zeichen dafür ist, dass jemand über Bord gegangen ist. Es ist ein äußerst beklemmendes Gefühl, diese lebensechte Kind-Puppe einfach so über Bord zu werfen! Aber OSCAR haben wir mit einer unserer alten Rettungswesten ausgestattet, und die macht beim ersten Mal laut PLOPP und bläst sich auf – OSCAR schwimmt mit dem Kopf über Wasser. Der Rettungskragen und die Markierungsboje sind auch über Bord, MOB-Taste am Plotter gedrückt, Rettungskragen raus, Ausschau halten, 7 kn Fahrt – gerade so wie im Ernstfall. Aber heute: EINHAND-MANÖVER! Unser kleiner OSCAR Erste Erkenntnis: Die lang aussehende Leine am Rettungskragen kann man
sich schenken – viel zu kurz! Die Leine kann man sich sparen. Zweite Erkenntnis: Fix ist OSCAR mit dem Hamburger Manöver erreicht – aber wie kommt er an Bord?! Der Bootshaken fasst nicht, die Bordwand ist sehr hoch... Da schwimmt Oscar. Susanne, Tilo und Thorsten sind flexibel: „Raumschot-Kurs und Genua weg!“ – „Maschine an! Amwind-Kurs und Groß runter!“ – „Rückwärts unter Maschine ran, Badeplattform run- ter, Eigensicherung durchführen – aufnehmen!“ Gesagt – getan! Dritte Erkenntnis: Rückwärtsfahrt mit herunter gelassener Badeplattform gegen Wellen – schon mal gut, dass die Plattform an zwei Leinen extra gesichert ist; die Scharniere hätten die Wellenbewegung nicht ausgehalten. Vierte Erkenntnis: Wenn sich auf der Plattform jetzt die rettende und die verunglückte Person aufhielten – mit zwei Mal 70 kg Körpergewicht oder mehr... Bei ruhigem Wasser sicher kein Problem... Folgerung aus den Erkenntnissen: So geht es auf keinen Fall! Der Rettungskragen der Puppe bekommt eine Fangleine für den Bootshaken. Ein Lifebelt funktioniert nicht, der geht unter. Eine kurze Leine als Schlinge wird befestigt – nächster Versuch: Es dauert viel zu lange, bis man mit dem Bootshaken durch die Schlinge trifft, weil sie zwischen den Beinen von OSCAR verschwindet. Ich schneide ein Stück vom Wasserschlauch meines Wohnmobils ab und ziehe die Schlinge durch – jetzt entsteht eine größere Bucht, aber auch die ist nicht optimal. Fünfte Erkenntnis: Ein Schwimmkörper muss her! Eine kleine Plastikflasche, die Fangleine durch Boden und Deckel „gepfriemelt“ – mal sehen, ob es klappt! Es klappt, ist aber keine Dauerlösung, denn die Flasche wird gelegentlich zerdrückt und zieht dann Wasser. Einige
Korkbällchen wie am Fischernetz wären optimal – wir werden mal danach Ausschau halten. Oscar geht über Bord. Sechste Erkenntnis: Die Puppe ist am Haken, aber wie an Bord zu hieven? Jemand legt sich auf den Bauch und hebt die Puppe so weit aus dem Wasser, so dass sie mit vereinten Kräften über die Reling gehoben werden kann. So weit, so gut. Siebte Erkenntnis: Mit 80 kg Lebendgewicht am Haken geht das nicht! Aber 80 kg Lebendgewicht könnten mit dem Bootshaken gesichert zum Heck geführt und über die Plattform geborgen werden – wenn, ja wenn die Plattform ruhig liegt. Aber das ist ja kein Problem, denn beiliegend mit dem Hamburger Manöver liegt die Yacht ruhig lang- sam driftend im Wasser. Wieder einmal zeigt sich die Überlegenheit dieses Rettungsma- növers! Mit der „berühmten“ Q-Wende und dem (Nahezu-)Aufschießer keine Chance! Ausprobieren – klappt! Und wenn das Schiff keine Badeplattform hat? Das Lehrbuchmanöver „Spifall oder Groß- fall und kurbeln“... geht nicht, da das Spifall der Op Joeck erst einmal viel zu kurz dafür ist! Und das Großfall erst mal vom Groß abschäkeln – im Ernstfall keine Option! Und wer schon mal „80 kg Lebendgewicht“ mit dem Bootsmannsstuhl hoch gewinscht hat, weiß, was ihn oder sie erwartet! Wie schön, dass sich in meinem Skipper-Seesack neben Karabinern, Neopren-Anzug und Taucherbrille usw. ein Flaschenzug mit ausreichender Länge findet! Die Crew will es jetzt wissen: Ein mustergültiges Manöver soll es werden, so mustergültig, dass ein Video das Manöver „für die Nachwelt“ festhalten soll. Flaschenzug (Rettungstalje) - OSCAR geht baden, Susanne lässt die Manöverkette, natürlich mit Beidrehen und Beiliegen, schnurren – einhand natürlich –, OSCAR hängt am Haken, der Karabiner des Flaschenzugs klickt, und OSCAR wird über die Reling gehoben und auf dem Mittelschiff schonend in „stabile Seitenlage“ gebettet. „Susanne! Schnell! Kaum Lebenszeichen!“ rufe ich ihr zu, weil ich weiß, dass sie Ärztin ist. Susanne übernimmt sofort die medizinische Erstversorgung, prüft Lebenszeichen und Verletzungen und ordnet die Vorbereitung eines MEDICO-Gesprächs an; Thorsten saust in den Salon. Da lasse ich OSCAR seine „Augen“ öffnen (er bekommt seinen heißen „Tee“...) und
wird weich mittschiffs gebettet, während wir im Beilieger das anvisierte MEDICO-Gespräch diskutieren. Ich verteile die Kontaktdaten der Rettungsleitstelle: •+49 421 536870. •112 (Europäische Not-Erste Hilfe für OSCAR – er „atmet“, hat „Puls“, er „lebt“!! „Bitte verbinden Sie mich mit der Rettungsleitstelle MRCC BREMEN!“ – „Please connect with MRCC BREMEN!“ •UKW-Kanal 16 oder DSC-Kanal 70 (Rufname: „Bremen Rescue“) •124 124 (über deutschen Mobilfunk) •002111240 (MMSI deutsche Küstenfunkstelle über DSC). Und das ist nicht ein Bildschirmfoto der Tracks einer Crew, die „zu tief ins Glas geschaut“ hat, sondern ein Teil der Tracks unserer MOB- Manöver, aber nur ein Teil....
Die folgenden Crews haben es etwas einfacher, denn sie können auf dem „technischen“ Erfahrungsschatz der ersten Crew aufbauen. Alle üben so lange, bis das ganze Rettungsmanöver auch einhand zu einem erfolgreichen Ende kommt, denn es soll ja auch in 2er-Crews durchführbar sein – und im Ernstfall ist dann bei einer 2er-Crew ja nur noch eine Person an Bord. Wieder ein Argument gegen das Q-Wende-Manöver! Zwischendurch ist Krafttanken in Hindeloopen oder Stavoren angesagt. Wie immer rückwärts an den Steg, Manö-erleine (auf Achterklampe oder im
Kräftedreieck) übergeworfen, und der Kibbeling schmeckt!
Hindeloopen – Stadthafen
Unser Anker
Unser Anker, der treue Geselle! Ist er doch bei Kanalfahrt und bei Legerwall-Gefahr immer „klar zum Fallen“ und wartet darauf, dass er mal zum Einsatz kommt, wenn „Murphy“ zuschlagen sollte und den Motor abschaltet oder die Ruderanlage. Und das passiert immer dann, wenn man es nun mal gar nicht gut gebrauchen kann. Denn wir wollen uns ja nicht im Falle des Falles mal sagen lassen: „Tja – hättet ihr doch besser mal...“ Ich jedenfalls habe schon mehr als einmal notankern müssen. Und wenn er so geduldig in Bereitschaft steht, so soll er doch auch mal ins Wasser! Wie kriegt man das Ding denn ordentlich ohne Motor ins Wasser? Neben dem Fahrwasser nach Hindeloopen ist idealer Platz zum Ankern. Was vor dem Ankern vorbereitet und bedacht werden muss: s. in www.tinyurl.com/segelnausbildung ==> Seekurs ==> Ankern
Einfahren ohne Motor (Übungsmanöver „Motorausfall und Notankern“), das geht nun mal nicht, aber ausreichend und mehr Kette ausbringen, das geht schon. Ankerball wird gehisst – und wo zum Teufel ist eine Ankerkralle?! Nicht da, also selber machen! Der Stopperstek ist ja nicht so geläufig, der Prusik-Knoten erst recht nicht – aber den kann man blitzschnell lernen. Und da ich diesen Knoten vom Bergsteigen her kenne, erzähle ich schnell noch eine weitere Anwendungsmöglichkeit: Aufsteigen am Fall mit zwei Prusik-Knoten; es kann ja sein, dass man mal den Mast rauf muss und niemand kann einen mit der Winsch nach oben befördern... Wassertemperatur zum Baden? Das lassen wir jetzt mal sein! Aber das muss mal sein: Rauf in den Mast! Mal sehen, warum das Dampferlicht nicht leuchtet. Klaus-Peter „opfert“ sich und tauscht die defekte Birne aus. Leider muss irgendwo ein Lei- tungsschaden vorliegen, denn die Lampe will immer noch nicht.
Unsere Oeding ist aus dem Winterlager zurück und schwimmt am Meldesteiger, damit sie aufgetakelt werden kann. 300 km von unserem Klubhaus entfernt treffen wir uns mit Frank und Thomas. Klar doch, dass wir uns zum Klön-schnack beim gemeinsamen Abendessen im Restaurant treffen! Der Platz am Steg halbiert sich, Präzisionsarbeit ist jetzt angesagt. An der Tanke herrscht eine andere Windrichtung; auch da wird noch einmal ausprobiert – möglichst einhand. Alle An- und Ablegemanöver – vorwärts und rückwärts – werden miteinander verglichen. Wie elegant und einfach sind doch die Manöver in Rückwärtsfahrt mit Eindampfen in Achterleine oder Kräftedreieck am Heck! Das Kräftedreieck am Bug funktioniert ja nur im Ausnahmefall, und der tritt ja fast nie auf, also: etwas zum Vergessen; es geht auch anders und sicher und leichter! Sabrina (aus Dortmund) spricht die drei Skipperinnen Bärbel, Elke und Kerstin nach einem erfolgreichen Manöver an. Sie habe eine Charteryacht in der Box, aber bei diesem Wind raus? Da fehle ihr die Erfahrung, lieber nicht, gesteht sie. Und deshalb habe sie unsere verschiedenen Manöver beobachtet. "Hafenmanövertraining", "nur für Skipperinnen", "MOB-Manöver mit Rettungspuppe" – die Auskünfte sprudeln nur so aus Bärbel, Elke und Kerstin heraus; die Begeisterung für das durch das Training Erreichte springt über: "Nur für Frauen - genau DAS will ich auch." bekräftigt Sabrina. "Ausgiebig und ohne nervende Kommentare üben."
"Hier!" Bärbel zeigt auf den Schriftzug am Heck. "Hier kannst du dich informieren und anmelden, SKBUe.de, Segelklub Bayer Uerdingen. Bei uns kann sich aber jeder, der will, anmelden. Einen ausführlichen Bericht vom Skipperinnentraining im letzten Jahr im August gibt's unter den Törnberichten der Fahrtensegler." "Das mach ich." Sabrina macht ein Handyfoto vom Heck. Und vielleicht gibt es ja demnächst ein oder zwei neue Mitglieder in unserem Klub...Sabrina hat gemerkt, dass sie hier Skipper und Skipperinnen beobachten konnte, die zu den 10% Schiffsführern gehören, die im Hafen keinen erhöhten Puls oder Blutdruck haben. „Und das wollte ich doch noch mal wissen...“ meldet sich Kerstin am Ende „ihrer“ drei Tage. „Wofür gibt’s eigentlich ein Bugstrahlruder?“ Und sie zieht ihre Mundwinkel bis zu den Ohrläppchen; ich grinse zufrieden.
Nachwort
Die Spatzen zwitschern es vom Dach unseres Klubheims: Die Beiträge für die Ausbildung werden sinnvoll verwendet, indem unsere See-Ausbildung noch praxisnäher und damit effektiver durchgeführt werden kann: Es wird ein eigener OSCAR für die MOB-Manöver angeschafft, aber deutlich größer und schwerer – es soll ja praxisnäher werden... Und für die Rettung sollen für beide Schiffe Flaschenzüge/Rettungstaljen gebastelt werden und an Bord bleiben. Elke ist wohl von der Praxis der MOB-Manöver so motiviert (besonders von den möglichen körperlichen Problemen der verunglückten Person beim An-Bord-Holen), dass sie sich so- fort nach dem Training über solche Alternativen informiert, bei denen die Person kreislaufschonend WAAGERECHT geborgen werden kann – und sie ist fündig geworden. Da wollen wir alle mal abwarten, ob unsere beiden Yachten mit dieser (recht preiswerten) Rettungsmöglichkeit ausgerüstet wird...